Abwasserrecycling – Studie Marokko


Projektrahmen

In diesem von der GIZ geförderten Forschungsprojekt geht es um die Entwicklung neuer Abwasserbehandlungsmethoden in Marokko. Das gesamte Konsortium setzt sich aus verschiedenen etablierten deutschen Abwasserspezialisten aus der freien Wirtschaft und Universitäten beider Länder zusammen und entwickelt in gemeinsamer Abstimmung für Teilregionen optimierte technische und wirtschaftlich orientierte Anlagen, um die derzeitige Abwasserbehandlung in Marokko zu optimieren. Neben einer allgemeinen Datenaufbereitung und Darstellung verschiedener, u.a. bereits in Deutschland angewandter oder in Entwicklung befindlicher Technologien, wird ein konkreter Projektstandort von den Partnern bestimmt und für diese Region anhand eines Praxisbeispiels ein Konzept entwickelt.


Problemstellung

Die industrielle Entwicklung, der steigende Lebensstandard der Bevölkerung sowie die Ausweitung der bewässerten Flächen in der Landwirtschaft führen zu einem starken Anstieg des Wasserkonsums in Marokko. Etwa 87% der jährlich verfügbaren Wasserressourcen werden heute für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen genutzt, während die übrigen 13% im industriellen Sektor (3%) und zur Trinkwasserversorgung (10%) benötigt werden.


Obwohl Marokko als wasserreichstes Land im Maghreb-Raum gilt, sinken die verfügbaren Trinkwasserressourcen kontinuierlich: Während in den 90er Jahren die technisch erschließbaren Wasserressourcen noch auf rund 1.000 m³ Wasser pro Einwohner und Jahr geschätzt wurden, stehen heute pro Einwohner nur noch 600 m³ Wasser pro Jahr zur Verfügung; bis zum Jahr 2020 rechnet man damit, dass dieser Wert bis auf 411 m³/EW/a absinken und damit den tatsächlichen Bedarf unterschreiten wird.


Bereits heute sind zahlreiche Regionen in Marokko durch eine chronische Wasserknappheit und eine damit verbundene Ausbeutung der Grundwasserressourcen gekennzeichnet. Insbesondere der Einsatz von Grundwasser zu Bewässerungszwecken in der Landwirtschaft führt zu einer verstärkten Meerwasserintrusion und einem Anstieg des Salzgehalts im Grundwasser in küstennahen Gebieten.


Obwohl bereits im Jahr 1995 ein Wassergesetz erlassen wurde, mit dessen Hilfe die Bewirtschaftung der Wasserressourcen verbessert werden sollte („gestion intégrée des ressources en eau“), konnten bisher nur wenige langfristige Erfolge bei der nachhaltigen Reinigung und Nutzung von Wasser und Abwasser erzielt werden.


Weiterhin belasten die unzureichenden Abwasserbehandlungskapazitäten die Qualität der Wasserressourcen. Während ca. 70% der urbanen Bevölkerung an eine Kanalisation angeschlossen sind, verfügen nur 8% der städtischen Bevölkerung über einen Anschluss an eine Abwasserbehandlungsanlage. Lediglich 13% des gesamten Abwasseraufkommens werden derzeit in Kläranlagen, oftmals unzureichend, gereinigt. Von den 63 Kläranlagen des Landes funktionieren derzeit lediglich 26 Anlagen. Das gesamte Abwasservolumen Marokkos wird heute auf 600 Millionen m³ geschätzt. Davon stammen rund 60% aus küstennahen urbanen Zentren und werden nach einer Vorbehandlung direkt in das Meer eingeleitet. Die übrigen 40% stammen meist aus urbanen Bereichen im Landesinneren und werden in Flüsse oder Trockentäler eingeleitet.


Die unzureichende Reinigung der kommunalen Abwässer und die Nutzung von Rohwasser zu Bewässerungszwecken in der Landwirtschaft stellen nicht nur ein Gesundheitsrisiko dar, sondern gefährden küstennahe marine Ressourcen sowie das Grundwasser und beeinträchtigen die Entwicklung des Tourismus.


Um in Zukunft wertvolle Wasserressourcen besser zu schützen wird es von wesentlicher Bedeutung sein, den Verbrauch von Trinkwasser durch die Nutzung alternativer Wasserressourcen zu minimieren. Da die Nutzung von entsalztem Meerwasser kostenintensiv und nur mit hohem Energieaufwand zu realisieren ist, wird vor allem die Substitution von Trinkwasser durch aufbereitetes Abwasser (vor allem in der Landwirtschaft) eine wesentliche Rolle spielen.


Das seit Februar 2005 bestehende „Programme Nationale d’Assainissement Liquide et d’Epuration des Eaux Usées“ (PNA) sieht vor, bis 2020 mehr als 80% der städtischen Gebiete an ein Abwasserbehandlungssystem anzuschließen und die durch die bisher fehlende Abwasserbehandlung entstehende Umweltverschmutzung um 60% zu reduzieren. Die Erreichung dieser Ziele würde auch die Möglichkeiten der Verwertung von gereinigten Abwässern zur Substitution von Trinkwasser in verschiedenen Bereichen (z.B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus, Haushalte) enorm verbessern.


Obwohl die derzeitigen Programme im Wasserbereich bereits Ansätze für das Abwasserrecycling enthalten, beinhalten diese jedoch weder Informationen zur Verwertung der im Abwasser enthaltenen Nährstoffe, noch werden die mit einer innovativen Abwasserbehandlung und -verwertung verbundenen ökonomischen und sozialen Wertschöpfungspotenziale erläutert. Zudem verfügt der PNA über keine Bewertung verschiedener Abwasserbehandlungstechnologien in Bezug auf den Energieverbrauch, CO2-Emissionen oder die im Abwasser enthaltenen Nährstoffe (Stickstoff, Phosphor, Kalium).


Im Rahmen der vorliegenden Studie soll mit Hilfe des Stoffstrommanagement-Ansatzes ein Ansatz für ein integriertes (Ab)Wasser-Ressourcen-Management (IWRM) in Marokko unter Berücksichtigung alternativer Abwasserbehandlungs- und Verwertungsmöglichkeiten entwickelt werden.
 


Ziele und Inhalte der Studie

Ziel der Studie ist es, die aktuellen Abwassermanagement-Praktiken, insbesondere die Abwasserbehandlungs- und Verwertungsmethoden sowie die Behandlung und Verwertung des entstehenden Klärschlamms, darzustellen und zu bewerten; einen Ansatz für ein Integriertes (Ab)Wasser-Ressourcen-Management (Abwasser und Exkremente) unter Berücksichtigung der Recyclingpotenziale (Wasser, Nährstoffe, Energie) zu erarbeiten und gemäß ökonomischer, sozialer und ökologischer Kriterien (Wasserqualität, Verwertung von Nährstoffen, Energieeffizienz, Auswirkungen auf die Produktion von Treibhausgasen) zu bewerten sowie bestehende Programme und Studien um die Aspekte einer energieextensiven (Nach-) Reinigung von Abwasser, eine Verwertung der im Abwasser enthaltenen Nährstoffe sowie um die Nutzungsmöglichkeiten von Regenwasser ergänzen.


Die Studie wird insbesondere derzeitige Wassermanagement- und Abwasserverwertungspraktiken in Marokko hinsichtlich Investitions- und Betriebskosten, Energieverbrauch, CO2-Emissionen, die mit der Behandlung verbunden sind, der Ressourcennutzung, der Wertschöpfungspotenziale (Wasser, Nährstoffe, Energie) und der Umweltauswirkungen abschätzen und bewerten.


Die Bewertungsmethodik und die Ergebnisse der Studie dienen als Basis für die Erarbeitung eines integrierten Ansatzes (technisch, sozio-ökonomisch, ökologisch) um Behandlungs- und Verwertungsmöglichkeiten von Abwasser und dessen Nebenprodukten gemäß des Stoffstrommanagement-Ansatzes (Wasser-Nährstoffe-Energie) zu fördern. Der entwickelte Ansatz kann marokkanischen Entscheidungsträgern als Grundlage für zukünftige Investitionsentscheidungen in die Wasser- und Abwasserinfrastruktur des Landes dienen bzw. diese effizient lenken. Zudem kann die Studie als zusätzliche Grundlage für die Entwicklung des „Plan Nationale d’Assainissement et de Réutilisation des Eaux Usées en Mileu Rurale“ genutzt werden. 
 

Projektlaufzeit:
Januar 2011 bis Dezember 2011